Wasserbauer im Tierreich

Biber besitzen enorme Gestaltungskraft. Keine andere Tierart kann damit Landschaften so markant zum eigenen Vorteil und zum Vorteil anderer Arten gestalten.

Der Damm

 

 

Es gibt für Biber viele Gründe Dämme zu bauen. Der Wasserkörper der entsteht, bietet Schutz vor Feinden, sichert den Eingang der Burg, bedeutet rasche, kraftsparende Fortbewegung und ist Transportweg. Ein durch den Damm angehobener Wasserspiegel macht manchen Lebensraum erst bewohnbar.


 

Äußerst effektiv sind die Dammbauten. Die Dämme liegen meist an Plätzen, an denen sie mit geringem Aufwand die größte Wirkung entfalten. Zu Beginn werden verzweigte Äste kammartig zur Fließrichtung ausgelegt. Sie wirken wie ein Rechen und sammeln bereits Laub und grobes Material. Bald werden weitere Zweige und kleine Bäumchen miteinander verkeilt. Schlamm wird stromaufwärts vor dem Dammfuß ausgegraben und auf die anströmende Seite geschoben. Gelegentlich marschiert er auch auf die Dammkrone, um dort Material einzubauen. Das Gewicht auf den Hinterfüßen ausbalanciert, trägt er Schlamm und anderes Baumaterial zwischen Vorderpfoten und Kinn eingeklemmt zu ihrem Bestimmungsort. Dammbau ist Gemeinschaftsaufgabe, bei der alle Familienmitglieder mithelfen. Die Elterntiere bestimmen Ort, Verlauf Höhe und Gestalt. Beim Nachwuchs steht dagegen eher der Lerneffekt im Vordergrund. Gebaut wird in Schichten, so lange bis die gewünschte Wasserhöhe erreicht ist. Durchschnittlich liegen die Dammhöhen bei uns bei 1 m,  einzelne Dämme haben gerade mal eine Höhe von 30 cm, andere erreichen durchaus bis zu 2 m. Die Länge der Dämme hängt vor allem vom Gelände ab.

 

Kleine, 2 m lange und unter 1m hohe Dämme können innerhalb einer Nacht entstehen. Erstaunlich stabile Gebilde sind solche Biberdämme, die selbst Hochwasser elastisch standhalten. Wo Biber Dämme bauen und aktiv ihren Lebensraum gestalten, kehrt also Dynamik in unsere Landschaft zurück. Unter dem Einfluss des Bibers erodiert der Fluss und landet auf, gestaltet um und schafft dabei neue Strukturen. Der Biber ist also mit seinem Netzwerk an Dämmen und Gräben ein Motor für die Auen.

Grabaktivitäten

 

 

Eine weitere Aktivität der Biber, die von ihnen besiedelten Gewässer zu gestalten, ist das oberirdische wie auch unterirdische Graben. Innerhalb ihres Reviers graben Biber in geeignete Uferabschnitte eine Vielzahl von Röhren, die unterschiedlichen Zwecken dienen. Es können Zugänge zu Bauen und Burgen sein oder kurze Fluchtröhren, in die sie sich bei Gefahr zurückziehen können. 

 

 

Auch aus „einfachen“ Ausstiegen, auf denen Biber das Wasser verlassen, um an Land zu gehen, können sich bei lockerem Boden lange Rinnen bilden. Jedes Mal, wenn der nasse Biber an Land geht oder auf dem Rückweg ins Wasser rutscht, wird ein bisschen Boden abgetragen, bis aus dem Ausstieg ein meterlanger Kanal entstanden ist.  

 

Alle diese Strukturen bieten einen Angriffspunkt für fließendes Wasser, besonders bei Hochwasser. Wasser dringt über Röhren in die Ufer ein, schwemmt sie aus und ganze Uferbereiche samt darauf stehenden Bäumen können ins Wasser absacken. Die durch Grabaktivitäten entstehenden Rohbodenflächen bieten Lebensraum für darauf angewiesene Pflanzen- und Tierarten, wie z.B. Solitärbienen. Ein größerer Uferabruch kann auch von Eisvögeln als Brutwand genutzt werden.

Baumfällungen

 

Auen sind mit ihren zahlreichen Baum- und  Straucharten, den sich wieder schnell regenerierenden Weichholzauen,  die produktivsten und artenreichsten Areale Mitteleuropas. Sie stellen den günstigsten Biberlebensraum dar. Diese Gebiete können Biberfamilien permanent besiedeln. An Bach- oder Flussläufen mit einem schmalen Gehölzstreifen und mit geringen Anteilen an Weichlaubhölzern versuchen Biber diesen Mangel durch größere Reviere auszugleichen.

 

Biber gestalten ihre Lebensräume nicht nur mit Wasser, sonder auch über das Licht. Wie keine andere Tierart in Europa greift er unmittelbar in das Kronendach des Auwaldes ein und verändert dadurch das Lichtregime grundlegend. Wie groß diese Auflichtungen sind und wie weit sie sich vom Ufer weg erstrecken, hängt auch von der Baumart ab. Der Schwerpunkt der Fällaktivitäten verlagert sich dabei fast jährlich auf andere Teilflächen.

Burgen und Baue

Das Zentrum eines Biberreviers bildet der Biberbau. In der Burg oder Bau verbringen die Biber die überwiegende Zeit ihres Lebens. Er bietet ihnen Schutz vor Feinden, Hitze und Kälte, dient ihnen als Schlafstätte und als Geburtsort der Jungen.

Wie der Mensch legt der Biber großen Wert auf einen intakten Zustand seines Heims. Ständig wird daran herumgebastelt, werden nötige Ausbesserungsarbeiten vorgenommen. Es gibt eigentlich immer etwas zu tun. Am meisten sicherlich im Herbst, wenn der Bau winterfest gemacht wird. Dazu werden zusätzliche Schichten aus Ästen und Schlamm aufgetragen, damit   der Bau gut isoliert der Kälte standhält. Die allgemein hohe Anpassungsfähigkeit und Flexibilität des Bibers zeigt sich auch bei der Anlage seines Baus. Es gibt keinen einheitlichen Bauplan, dennoch sind allen Bauen, nach einer gewissen Entstehungsphase, zwei Eigenschaften gemein. Der Eingang (es können auch mehrere sein) liegt unter Wasser und der Wohnkessel (auch hier können es mehrere sein) befindet sich immer über Wasser.

 

In den allermeisten Fällen gräbt der Biber, unter Wasser beginnend, eine Röhre ins Ufer, die schräg nach oben über den Wasserspiegel hinausführt. Die Röhre kann mehrere Meter lang sein. Am Ende dieser Röhre legt der Biber eine Höhlung an, den so genannten Wohnkessel. So ein Wohnkessel ist etwa 40 bis 60 cm hoch und hat einen Durchmesser von 60 bis 150 cm.


Man unterscheidet drei Grundbautypen:

 

 

Erdbau
Von einem Erdbau spricht man, wenn der Kessel tief im Erdreich liegt. Das heißt über dem Kessel bildet eine stabile, dicke Erdschicht das Dach. Nur an einer Stelle legen die Biber ein kleines Luftloch an. Von außen ist ein Erdbau in der Regel nicht erkennbar. Gelegentlich findet man die Baue, wenn die Biber im Herbst vor dem Eingang ein Nahrungsfloß anlegen. Bei diesem Bautyp muss die Uferhöhe über dem Wasserspiegel mindestens 1,2 bis 1,5 Meter betragen.

 

Mittelbau

Ein Mittelbau entsteht meist an Ufern, deren Böschung über dem Wasserspiegel weniger als einen Meter misst. Der Biber kann dann zwar seinen Kessel noch im Erdreich anlegen, die verbleibende Decke ist jedoch sehr dünn und bricht häufig ein. Das entstandene Loch deckt der Biber von oben mit Ästen ab. Ein Mittelbau kann auch aus einem Erdbau entstehen, dessen Decke eingebrochen ist.

 

Hochbau

Das Charakteristikum ist, dass sich der Wohnkessel im vom Biber selbst errichteten Ast -haufen befindet. Diese Form eines Biberbaues kommt in Gewässerabschnitten vor, wo das Ufer des Gewässers nur geringfügig über dem Wasserspiegel liegt. Hier hat der Biber keine Möglichkeit den Kessel im Erdreich anzulegen, sondern er schichtet immer mehr Holzmaterial auf und nagt sich von innen einen Wohnkessel aus. Derartige Bauten kann man auch schon an der Donau entdecken, wo die Biber auf der Steinschüttung des Donauufers solche Hochbaue errichteten.

Welcher Bautyp letztlich entsteht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Folgende Faktoren beeinflussen das Aussehen eines Baues: Uferhöhe, Bodenbeschaffenheit, Wasserstand (konstant oder schwankend), Fließgeschwindigkeit des Gewässers um nur einige zu aufzählen.

 

 

Röhren oder Fluchtbaue

Neben den Wohnbauen legen die Biber in ihrem Revier Fluchtröhren an, die waagrecht  ins Ufer gegraben werden. Die meisten Röhren sind kürzer als 5 Meter und werden meist erst entdeckt, wenn der Wasserspiegel deutlich unter Normalpegel liegt oder wenn die Röhren einbrechen. Man findet die Röhren verteilt über das gesamte Biberrevier. Eine gewisse Häufung zeigt sich im Bereich des Hauptbaus, im Zentrum des Reviers. Die Röhren bieten den Biber Zuflucht. Er kann sich so bei Gefahr jederzeit an einen sicheren Ort zurückziehen. Auch zum Fressen halten sich die Biber gerne dort auf.

Literatur ZAHNER, SCHMIDBAUER, SCHWAB (2005): Die Rückkehr der Burgherren; Kunstverlag Oberpfalz